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Motor­rad-ABS: Lei­der nicht für 125er

Was lange währt, wird nicht immer gut. In Brüssel haben sich jetzt Kommission, Rat und Parlament darauf verständigt, dass Motorräder verbindlich mit ABS ausgerüstet sein müssen. Und zwar ab 2016 für neu entwickelte Modellreihen und ab 2017 für alle neuen Motorräder.

Nachdem die technischen Möglichkeiten beim Motorrad begrenzt sind und seit rund 15 Jahren eigentlich erwiesen ist, dass ABS viele schwere Unfälle vermeiden der abmildern kann, wurde das nun wirklich auch Zeit.

Und doch kann man sich darüber nicht recht freuen. Nachdem noch Anfang der 2000er Jahre weder Angebot noch Nachfrage bestand, hat sich dies heute weitgehend geändert. Eigentlich alle Hersteller haben heute ausreichend Modelle im Angebot die entweder obligatorisch oder wenigstens optional mit dem elektronischen Helfer ausgestattet sind. Abgesehen vielleicht vom Supersportsegment und – jetzt kommt der Gag – von den kleinen Maschinen bis 125 ccm. Und genau die sind jetzt von dem Kompromiss ausgenommen und dürfen auch mit CBS (Combined Braking Systems) ausgeliefert werden.

CBS verhindert nicht das Überbremsen 

Dabei ist die Behauptung von Industrie und Motorradfahrerverbänden absolut lächerlich, dass es sich um ähnlich wirksame Systeme handelt. CBS hilft unerfahrenen Fahrern, die Bremskraft besser auf die beiden Räder zu verteilen. Das ist gut und nützlich und in der ein oder anderen Situation bringt es sicher auch ein paar Meter Bremsweg. Aber nur ABS verhindert ein Überbremsen des Vorderrads und gerade hier liegen die großen Potentiale.

ABS für 125er genau so wichtig

Aus den Zahlen der Unfallforschung ist es ohnehin nicht vertretbar, kleinere Maschinen auszunehmen. In unserem Fallmaterial reagieren Fahrer kleinerer und größerer Maschinen vor Unfällen vollkommen gleich (falsch) und auch die Kollisionsgeschwindigkeit war bei den 125ern nur wenig geringer als bei den größeren Maschinen. Kommt dazu, dass rund 70 Prozent der 125 ccm-Maschinen von Fahrern kleiner gleich 18 Jahre gefahren wird. Eine bekanntermaßen unerfahrene und ungestüme Gruppe. Da ist es ja gut, dass nach EU-Führerscheinrichtlinie die in Deutschland bisher geltende Drosselung auf 80 km/h für alle unter 18 Jahren demnächst fällt.

Sicherheit hat ihren Preis

Da hat sich die Motorradlobby auf ganzer Linie durchgesetzt. Auch ohne den Trick, den sie zwischenzeitlich versucht hat, ABS mit Advanced (!) Braking Systems zu übersetzen. Kommen wird nur, was der Markt ohnehin weitgehend vorweg genommen hat. Bei den kleinen Maschinen scheitert es an etwa 100 Euro. Der Motorradindustrie geht es schlecht, keine Frage. Aber die Sicherheit sollte uns diesen Preis wert sein. Oder?


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