Fehlgebrauch von Kinderschutzsystemen – Feldstudie mit neuen Erkenntnissen
In den letzten Jahren wurden zweifellos weitreichende Verbesserungen auf dem Gebiet der Kindersicherheit im Pkw erzielt. Die Einführung der gesetzlichen Sicherungspflicht im Jahr 1993 führte zudem zu einem erheblichen Anstieg der Sicherungsquote von Kindern in Pkw. Wie eine Reihe aufeinanderfolgender Studien seither gezeigt hat, besteht das Hauptproblem im Zusammenhang mit der Nutzung von Kindersitzen in deren falscher Benutzung (engl. Misuse).
Um über möglichst alle interessierenden Aspekte von Misuse Erkenntnisse zu erhalten, wurden in dieser Studie sowohl Daten über die Häufigkeit, Schwere etc. von Misuse als auch über die zugrundeliegenden Kenntnisse, Einstellungen und Fertigkeiten der Nutzer erhoben. Die in den Großräumen Berlin und München durchgeführte Feldstudie ist mit n=1.076 erhobenen Fällen die mit Abstand größte Studie zur Kindersicherheit in Pkw und der Frage nach dem damit verbundenen Fehlgebrauch von KSS. Mit der Wahl unterschiedlicher Kontaktplätze wurde sichergestellt, dass verschiedene Fahrtzwecke (Einkauf, Bringen/Abholen vom Kindergarten, Schule, Freizeitfahrt) im Rahmen der Erhebungen abgedeckt wurden. Die Felderhebungen begannen im Juli 2016 und endeten im September 2017, womit eine Erhebung über alle Jahreszeiten und Wetterbedingungen gewährleistet war.
Von den 1.076 erhobenen Fällen waren 1.046 Kinder in KSS gesichert, davon über 70 % mit einem KSS + 3-Punkt-Gurt-Automatik-System sowie bereits mit knapp 30 % erfreulicherweise in einem ISOFIX-System. Von den insgesamt 1.042 untersuchten Kindern waren 52 % korrekt und 48 % fehlerhaft gesichert. Damit liegt die Misusequote im Vergleich zu den bisherigen Studien erstmals unter 50 %.
Eine bedeutsame Veränderung gegenüber den früheren Studien lässt sich auch hinsichtlich der Misuse-Schwere konstatieren, hier ist sogar ein gegenteiliger Effekt zu vermerken: War bislang eine Verschiebung von schwerem Misuse zu mittlerem und leichtem Misuse feststellbar, so zeigt sich in der aktuellen Studie ein erhöhter Anteil an schwerem Misuse, auf den etwa die Hälfte des gesamten Misuse entfällt gegenüber ca. 35 % mittlerem und 15 % leichtem Misuse.
Fehler beim Einbau ähneln sich in den Klassen 0/0+ sowie 1: Es dominieren Probleme, die im Zusammenhang mit dem Fahrzeuggurt stehen. Das sind insbesondere die Gurtlose, die Nichtbenutzung der Führungshilfen für den Gurt und das Vertauschen von Becken- und Schultergurt. In Klasse 2/3 treten relativ wenig Einbaufehler auf, hier herrschen Sicherungsfehler vor. Diese betreffen überwiegend Gurtlose des Beckengurtes sowie des Schultergurtes, verdrehte Fahrzeuggurte und weitere Fehler im Kontext der Gurte des KSS. In Gruppe 0/0+ sowie Gruppe1-Sitzen dominieren mit jeweils rund 90 % die Gurtlose.
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