Auffahrunfälle von Motorradfahrern sind eine unterschätzte Unfallart
Motorradfahren ist gefährlich. Das hat die Unfallforschung der Versicherer (UDV) schon in mehreren Forschungsprojekten und Crashtests untersucht.
Um das Unfallgeschehen genauer zu analysieren, ließ die UDV 194 schwere Motorradunfälle im Saarland zwischen Mai 2010 und Dezember 2011 – auch vor Ort an der Unfallstelle – detailliert untersuchen.
Diese Studie wurde Anfang 2014 abgeschlossen und bei einem Motorrad-Crashtest am 27. Mai 2014 in Münster vorgestellt. Die interdisziplinäre Vor-Ort-Unfallerhebung wurde durch das Ingenieurbüro Dr. Priester mit Unterstützung der Klink für Unfallchirurgie des Universitätsklinikums des Saarlandes und des Landespolizeipräsidiums des Saarlandes durchgeführt.
Während Motorrad-Alleinunfälle und Unfälle an Kreuzungen im öffentlichen Bewusstsein sind, wird der Auffahrunfall bislang unterschätzt. Fast jeder 2. Unfall, den ein Kradfahrer verursacht, ist ein sogenannter Unfall im Längsverkehr. Typischerweise handelt es sich dabei um eine Kollision mit einem vorausfahrenden oder stehenden Fahrzeug. Wenn der Motorradfahrer zu wenig Abstand hält oder kurzzeitig abgelenkt ist, hat er bei entsprechender Geschwindigkeit keine Chance mehr unfallvermeidend zu reagieren. Ist der Unfallverursacher ein Motorrad, so wurden 17 % der Verunglückten MAIS 3+ verletzt. 56 % der verunfallten Motorräder waren Naked Bikes oder Sportler, die in 38 % der Fälle eine Leistung von mehr als 76 kW hatten.
Weitere Erkenntnisse der Detailanalyse:
- Fahrer stark motorisierter Maschinen sind häufiger Unfallverursacher.
- Fahrer von Sportmaschinen haben überdurchschnittlich oft Alleinunfälle und selbst verschuldete Unfälle.
- Motorradfahren findet überwiegend in der Freizeit statt: Rund die Hälfte der Alleinunfälle ereignet sich am Wochenende.
- Die meisten Alleinunfälle haben die 21– 30-Jähringen Krad-Fahrer
- Die meisten Alleinunfälle sind Fahrunfälle, also Unfälle, bei denen der Fahrer die Kontrolle über das eigene Fahrzeug verliert.
- Alleinunfälle sind in der Regel schwerer als vom Motorradfahrer verursachte Unfälle.
- Bei Kreuzungsunfällen war häufiger der Pkw-Fahrer der Unfallverursacher.
- ABS ist immer noch selten: Bei den verunfallten Motorrädern waren je nach Unfallart nur zwischen 4 und 32 Prozent mit dem System ausgestattet.
Forderungen der Unfallforschung der Versicherer:
Technik:
- ABS mit Schräglagenerkennung
- Intelligente Systeme zur Abstandswarnung für Motorräder (z. B. haptischer Gasgriff)
- Schutzkleidung optimieren
Mensch:
- Regelmäßige Trainings auch im Straßenverkehr
Straße:
- Unterfahrschutz an Schutzplanken
- Fahrbahnoberflächen „motorradgerecht“ gestalten
- Ggf. temporeduzierende Maßnahmen wie Rüttelstreifen
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