Alleinunfälle von Radfahrenden
Alleinunfälle von Radfahrenden haben mittlerweile eine hohe Relevanz für das Rad-Unfallgeschehen. In einer Studie der Unfallforschung der Versicherer wurden Alleinunfälle im Detail untersucht.
Die Untersuchung umfasste neben einer Literaturanalyse und einem Expertenworkshop unter anderem die Analyse von 7.767 polizeilichen Einzelunfalldaten und 1.481 polizeilich dokumentierten Unfallhergängen eines Dreijahreszeitraums sowie die Online-Befragung von Radfahrenden zu 1.521 Alleinunfällen. Zu 157 erlebten Alleinunfällen wurden vertiefende Gespräche mit Radfahrenden geführt, zu 125 Alleinunfällen erfolgten Detailanalysen textlicher Schilderungen. Die vertiefenden Gespräche und Detailanalysen erfolgten in Verbindung mit der Straßenraumanalyse von 69 Örtlichkeiten, um unfallbegünstigende Fahrmanöver im Kontext markanter Infrastrukturmerkmale zu identifizieren.
Die Untersuchung zeigt, dass Alleinunfälle oft Folge von Fehlverhalten der Radfahrenden sind und so z. B. aus zu schnellem Fahren, Fahrfehlern wie zu starkem Bremsen oder dem Fahren unter Alkoholeinfluss resultieren. Alleinunfälle werden aber auch durch Infrastrukturmerkmale begünstigt. Vor allem Oberflächen mit reduzierter Griffigkeit, Borde und Straßenbahnschienen werden häufig im Kontext der Alleinunfälle dokumentiert. Zudem zeigen sich bei Pedelecs einzelne Ursachen des fehlerhaften Fahrverhaltens häufiger; Pedelecs stellen durch Gewicht und Beschleunigung höhere Ansprüche an die fahrende Person.
Empfehlungen
Auf Basis der Untersuchungsergebnisse wird folgendes empfohlen, um Alleinunfällen von Radfahrenden entgegenzuwirken:
- Radfahrende müssen mit eindeutigen Lösungen so geführt werden, dass sie klar und ohne Zweifel erkennen können, wo Befahrbarkeit gegeben ist und wo nicht. Dies gilt vor allem für die Übergangsstellen des Radverkehrs zwischen Fahrbahn und Seitenraum und das Linksabbiegen an Knotenpunkten.
- An Übergangsstellen zwischen Fahrbahn und Seitenraum sollten Nullabsenkungen von Borden zum Einsatz kommen, geringe verbleibende Höhenunterschiede und Kanten sollten vermieden werden.
- Der Radverkehr sollte möglichst rechtwinklig über Straßenbahnschienen und nicht unmittelbar neben ihnen geführt werden. In Knotenpunktbereichen bieten sich indirekte Linksabbiege-Führungen an. Entlang der knotenpunktfreien Strecke sollte der Abstand zwischen Radverkehr und Straßenbahnschienen ausreichend groß sein, damit die Schienen nicht gequert werden müssen.
- Der Wartung und Reinigung der Infrastruktur sowie dem Winterdienst kommt eine hohe Bedeutung zu. Besonders relevant ist die Reinigung im Herbst, um mit liegendem Laub verbundenen Effekten zu begegnen (Verdeckung von Höhenunterschieden oder Schäden, reduzierte Griffigkeit). Die Wartung der Wege sollte den Erhalt einer ebenen und griffigen Oberfläche zum Ziel haben und z. B. Beschädigungen durch Wurzelaufbrüche beseitigen.
- Mit Öffentlichkeitsarbeit sollte über den richtigen und sicheren Umgang mit der Infrastruktur und die Folgen von Fehlverhalten aufgeklärt werden. Ersteres gilt besonders im Hinblick auf das sichere Anfahren von Höhenunterschieden und Kreuzen von Schienen in möglichst steilem Winkel. Letzteres vor allem in Bezug auf mögliche Konsequenzen der Missachtung einer vorgegeben Radverkehrsführung, von zu schnellem oder unaufmerksamem Fahren sowie dem Fahren unter Alkoholeinfluss.
- Beim Kauf von Pedelecs sind Fahrsicherheitstrainings zu empfehlen, um den Umgang mit dem schweren und stärker beschleunigenden Rad in sicherer und kontrollierter Umgebung zu üben.
- Für schwerere und schnellere Räder wie Pedelecs wäre die Ausstattung mit einem ABS-System wünschenswert, um insbesondere bei Ungeübteren das Überbremsen zu verhindern und die Beherrschbarkeit dieser Räder zu verbessern.
- Um Unfallhäufungsstellen mit Alleinunfällen begegnen zu können, müssen diese bekannt sein. Wünschenswert wäre daher, insbesondere Alleinunfälle mit schweren Verletzungen, die nicht polizeilich erfasst wurden, im Kontext einer Behandlung in Krankenhäusern zu dokumentieren und an die Polizei bzw. kommunalen Behörden zu übermitteln.