Motorrad, Motorrad
Motor­rad

Unfall­ge­fähr­dung von Motor­rad­fah­rern

Das fahrleistungsbezogene Risiko, bei einem Unfall getötet zu werden, liegt für Motorradfahrer um ein 14-faches höher als das Risiko für die übrigen Kfz-Nutzer.

Wegen diesen alarmierenden Zahlen aus dem Unfallgeschehen, beauftragte die Unfallforschung der Versicherer (UDV) das Fachgebiet Kraftfahrzeuge der TU Berlin und die Professur für Straßenverkehrstechnik der TU Dresden mit der Untersuchung der Unfallgefährdung von Motorradfahrern erstmals aus einer verknüpfenden Perspektive von Fahrzeug- und Straßenverkehrstechnik.

Neben einer bundesweiten Analyse von über 100.000 Unfällen mit Motorradbeteiligung, sind vertiefte Untersuchungen in Sachsen durchgeführt worden, da sich das Motorradunfallgeschehen in diesem Bundesland als repräsentativ erwiesen hat. Grundlage der örtlich detaillierten Untersuchung sind über 12.000 Unfälle mit Beteiligung motorisierter Zweiräder in Sachsen in den Jahren 2004 bis 2006. Hier wurden über 200 Streckenabschnitte mit 1.600 Unfällen für einen paarweisen Vergleich ausgewählt: Die Hälfte der Strecken sind durch ein besonders konzentriertes Motorradunfallgeschehen aufgefallen und wurden vergleichbaren Strecken gegenübergestellt, die nicht unfallauffällig sind. Auf der Fahrzeugseite wurden über 1.300 Datensätze aus der Datenbank der UDV ausgewertet, um die spezifischen Einflüsse von Fahrzeugeigenschaften und Fahrerverhalten zu beschreiben. Zudem wurde eine Befragung von 6.879 Motorradfahrern gemeinsam mit der Zeitschrift „Motorrad“ durchgeführt.

Zu den Erkenntnissen dieses Forschungsprojektes zählen die folgenden Punkte:

Motorradunfälle auf Autobahnen treten sehr selten auf. Den Schwerpunkt des Unfallgeschehens mit Beteiligung motorisierter Zweiräder bilden einerseits Landstraßen und andererseits Stadtstraßen. Im Außerortsbereich wirken vor allem Streckenabschnitte mit hoher Kurvigkeit sowie Abschnitte mit hoher Längsneigung unfallbegünstigend. Kurze Abstände von Knotenpunkten und Sichteinschränkung im Bereich von Kurven oder Knotenpunkten, wie beispielsweise durch Kuppen, Brücken und Dämme, sind zusätzlich von negativem Einfluss. Innerorts zeigen insbesondere Mängel im Straßenzustand sowie Straßenbahnverkehr auf der Fahrbahn eine ungünstige Wirkung auf das Unfallgeschehen von motorisierten Zweirädern.

Beim Fahrzeug gibt es Hinweise die zeigen, dass das Leistungsgewicht einen Einfluss auf die Verletzungsschwere hat. An dieser Stelle müssen noch weiterführende statistische Analysen durchgeführt werden, um dies zu prüfen. Für technische Eigenschaften, wie beispielsweise die Lenkerform oder den Seitenkoffer am Einspurfahrzeug, konnten keine Einflüsse auf die Verletzungsschwere ermittelt werden.

Die Motorradbefragung zeigt eine besondere Auffälligkeit der Sportmaschinenfahrer. Diese geben an, besonders häufig in Ordnungswidrigkeitsdelikte verwickelt zu sein, wie zum Beispiel zu hohe Geschwindigkeit oder falsche Überholmanöver. Zugleich verstehen sie sich als sportliche Fahrer. Das lässt darauf schließen, dass sie die Fahrt in einem schwer kalkulierbaren Risikolevel suchen. Die genaue Unfalldatenanalyse zeigt ebenfalls, dass Sportmotorräder mit einem besonders niedrigen Leistungsgewicht, bei dem das Beschleunigungsvermögen hoch ist, überproportional in schwere Unfälle verwickelt sind.

Für die Unfallforschung der Versicherer folgt daraus:

  • Besserung beginnt mit Einsicht: Motorradfahrer sind keine unschuldigen Opfer.
  • ABS ist der wichtigste technische Helfer am Motorrad.
  • Fahrertrainings sind notwendig, aber vor allem auf mentaler Ebene und nicht nur zur Beherrschung der Maschine.
  • Kreuzungen und Einmündungen müssen mit separaten Linksabbiegespuren und Ampelphasen ausgestattet sein.
  • Wenn Schutzplanken an Unfallschwerpunkten gesetzt werden, dann müssen motorradfreundliche Schutzplanken gewählt werden.
  • Straßenschäden müssen beseitigt werden.
  • Es besteht weiterer Forschungsbedarf bei Rückhaltesystemen (z. B. Airbag) und Fahrzeugstruktur (Deformationselemente).

Denkmodell für ein sicheres „Zweirad“:

Die Kombination aus bereits realisierten Zweiradkonzepten zur Erhöhung der aktiven Sicherheit und der passiven Sicherheit kann zu einem sichereren Zweirad führen. Die Konzeptidee wird getragen durch eine Crashzelle mit gurtgesichertem Fahrer und energieaufnehmender Front sowie zwei Rädern an der Front, die höhere Bremskräfte übertragen können und die Stabilität des Fahrzeugs erhöhen beziehungsweise die Sturzgefahr verringern, ohne das zweiradtypische Fahrverhalten zu vernachlässigen.

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