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Wie schnell sol­len Pede­lec fah­ren?

Eine Nachrichtenagentur hat sich den steigenden Unfallzahlen mit Pedelec-Beteiligung gewidmet und dazu auch meine Meinung eingeholt.

Aus einigen Kommentaren in den sozialen Netzwerken schließe ich, dass ich vielleicht nicht richtig verstanden wurde. Mag sein, dass der journalistische Text mit seiner Verkürzung dazu beigetragen hat. Deshalb will ich hier gern meinen Vorschlag nochmals ausführen.

Zunächst  zur Faktenlage: Wir haben jährliche Steigerungen bei Unfällen mit Personenschaden und Pedelec von rund 33 Prozent. Da sich andere Parameter wie Fahrleistung und Nutzeralter nicht in so kurzen Zeiträumen verändern, bleibt als einzige beachtliche Variable noch die Zunahme des Verkaufs. Da der aber jährlich „nur“ um 13 Prozent zulegt, steigt das Unfallgeschehen überproportional. Dabei gibt es sicher angesichts der gleichwohl überschaubaren absoluten Zahlen keinen Grund für Hysterie, wohl aber erkennbaren Nachbesserungsbedarf.

Da sind auf der einen Seite die Senioren. Sie fallen im Unfallgeschehen mit Pedelecs schon deshalb besonders auf, weil sie zurzeit noch die Hauptnutzergruppe sind. Wir sehen aber auch bei der Analyse des Unfallgeschehens auffällig häufig Unfälle, die die Annahme nahelegen, dass es Handlingprobleme gegeben hat. Insbesondere gilt das für die vielen Alleinunfälle. Es scheint, als seien viele Senioren mit den höheren Geschwindigkeiten und dem höheren Gewicht in einigen Situationen überfordert.

Auf der anderen Seite beklagen viele jüngere, regelmäßige Radfahrer, dass 25 km/h für ein Pedelec zu langsam sind, um attraktiv zu sein. Zwar kann man ohne elektrische Unterstützung natürlich schneller fahren, aber eher nur bergab, da das zusätzliche Gewicht dafür sorgt, dass viel mehr nicht drin ist. S-Pedelec sind meist keine Alternative, da neben Versicherungs- und Helmpflicht auch der Nachteil besteht, dass Radverkehrsanlagen nicht benutzt werden dürfen. Was auch bedeutet, dass die  vielerorts entstehenden Radschnellwege dann auch nicht befahren werden dürften. Dem Problem gehen viele mit illegalem Tuning aus dem Weg, indem sie per im Internet erhältlichen Kabelsatz die Elektronik verändern. Für weniger technisch Versierte erledigt das auch  mancher Händler.

Das beiden Fällen eigene Grundproblem liegt darin, dass die Technik in einem Fall zu viel möglich macht (25 km/h bei bescheidener Muskelleistung) und in anderem Fall zu wenig. Grund ist die künstliche Trennung in Tretunterstützung bis 25 km/h und bis 45 km/h. Wobei die Leistungsangaben 250 W beziehungsweise 500 W in Nenndauerleistung  wenig aussagekräftig sind, da die Spitzenleistungen wesentlich darüber liegen. In einem Satz: Vieles wäre gewonnen, wenn wir das Pedelec in seinen Eigenschaften näher ans Fahrrad bringen würden. Wer auf dem Fahrrad mangels Muskelkraft  kaum über die Schrittgeschwindigkeit hinauskommt, darf mit dem Pedelec nicht 25 km/h erreichen. Wer mit dem Fahrrad schneller fahren kann, bekommt dann auch mehr Unterstützung.

Der konkrete Vorschlag lautet daher, die bereits vorhandene Sensorik noch deutlicher dazu zu nutzen, Tretkraft und elektrische Unterstützung in ein Verhältnis zu setzen. Das dient zum einen der Limitierung der Beschleunigung und zum anderen der Limitierung der Geschwindigkeit, wo das nötig ist. Eine Mindestgeschwindigkeit bei nur geringer Tretkraft soll weiterhin das Befahren von Anstiegen garantieren. So könnten die bisherigen Möglichkeiten von Pedelecs 25 sogar auf höhere Geschwindigkeitsbereiche ausgeweitet werden. Wie genau das Verhältnis aussehen soll, wird demnächst in einer Expertengruppe diskutiert. Und selbstverständlich würde das bedeuten, dass die bisherigen gesetzlichen Regeln geändert werden müssen. Das wäre möglich, und aus meiner Sicht auch nötig.

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