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Was bringt der „Blit­zer-Mara­thon“?

Das werde ich gerade von vielen Medien gefragt, anlässlich der von der Polizei bundesweit angekündigten Rund-um-die-Uhr-Geschwindigkeitskontrollen. Antwort: Wir reden doch gerade darüber, viele andere reden darüber, auch an den Stammtischen.

Ohne Zweifel wird also damit das Thema „zu schnelles Fahren und die Folgen“ auf die Agenda gehoben. Die Frage ist ja aber, mit welchem Tenor und mit welchem Effekt für die Verkehrssicherheit. 

Klar ist, dass wir nicht am Freitag aufstehen und neue Menschen geworden sind, die alle ordentlich fahren und die StVO stets beachten. Das wäre ja auch völlig überzogen und unrealistisch. Ich fürchte aber vielmehr, dass der Effekt gegen Null geht. Denn wir meinen ja gar nicht diejenigen, die im Strom mitschwimmen und ein paar km/h zu schnell fahren. Wir wollen doch an die Verkehrssünder ran, die die Regeln grob und notorisch missachten. Diese 10 – 15 Prozent verhalten sich ja nicht nur im Verkehr so, sondern haben sich ihre eigenen sozialen Normen geschaffen, die dieses Verhalten rechtfertigen. Die diskutieren das Thema auch nicht unter dem Aspekt vermeidbaren Leids, sondern als Konflikt zwischen Bürger und Polizei, die man möglichst austricksen muss.

Die erreicht keine Diskussion sondern nur ein Kontrolldruck, wie wir ihn jetzt beim „Blitzer-Marathon“ sehen. Der ist ja aber übers Jahr völlig unrealistisch. Die Alternative ist daher eine Veränderung der sozialen Norm, die erwiesenermaßen zu den stärksten Motiven zur Regeleinhaltung gehört. Dazu  wäre es zunächst mal nötig, dass sonst seriöse Organisationen wie der ADAC endlich aufhören, dieses unerträgliche Wort „Abzocke“ in Bezug auf Geschwindigkeitskontrollen zu benutzen. Dieses Wort ist so unsäglich, weil es die Polizei als die Schurken darstellt und Temposündern eine Legitimation bis weit in Kreise hinein verschafft, die eigentlich ganz gesetzeskonform fahren.

Das ist auch der sensibelste Punkt bei dieser Schwerpunktaktion. Sie fordert Gesetzestreue ein, thematisiert aber nicht, dass die meisten Probleme auf die „nicht angepasste“ Geschwindigkeit zurückzuführen sind. Und damit auf mentale Probleme, angefangen vom richtigen Einschätzen einer Situation bis hin zum Erfassen der ethischen Dimensionen beim Führen eines Kraftfahrzeugs. Dazu müsste man eine Diskussion beginnen, deren Anfang sicher keine Schwerpunktkontrollen sein können. 

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