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Raser­ur­teil in Bre­men – Kein Skan­dal!

Für den Prozess um den Berliner Ku`damm-Raser, der mit wohl weit über 100 km/h mindestens eine rote Ampel überfuhr und dabei einen korrekt aus der Seitenrichtung kommenden Rentner in seinem Fahrzeug förmlich abschoss und dabei tötete, hatte ich sogleich nach der Tat gefordert, dass die Staatsanwaltschaft von bedingtem Vorsatz ausgeht und eine Anklage wegen Totschlags prüft.

Dass dabei nun sogar eine Mordanklage herausgekommen ist, war nicht wirklich entscheidend.

Im Fall des in Bremen als „YouTube-Star“ mit dem Motorrad durch die Gegend rasenden A., der in zu schneller Fahrt einen Fußgänger getötet hat, ist die Staatsanwaltschaft nun mit ihrer Totschlagsanklage gescheitert. Ist das ein Skandal? Muss und das in Bezug auf Berlin entmutigen? Zweimal nein. Die Staatsanwaltschaft Bremen muss sich im Gegenteil vorhalten lassen, dass sie einen ungeeigneten Fall benutzt und damit der Sache am Ende eher geschadet hat. Denn so sieht die durchaus lange Freiheitsstrafe ohne Bewährung plötzlich wie ein Sieg des Täters aus. Schade eigentlich, denn das wäre ansonsten durchaus ein Signal gewesen. Mehr war hier für das Gericht gar nicht machbar. Die Kamera des Täters war ausgeschaltet, es war also gerade keine Profilierungsfahrt, die Geschwindigkeit betrug laut Gutachten ungefähr 70 km/h, der Fußgänger war betrunken und hat sein Rotlicht missachtet. Sehr viele Leute, die sich über das Urteil empört haben, sollten sich fragen, ob sie nicht selbst einmal in genau diese Situation geraten können. Wir sind in diesem Fall doch offensichtlich meilenweit entfernt davon, dass der Täter den Eintritt des Todes als mögliche Folge seines Handelns erkannt hat (Wissen) und billigend in Kauf genommen (Willen) hat. Beides nämlich müsste für den bedingten Vorsatz vorliegen.

Der Berliner Fall liegt da ganz anders: Hier hat der Täter die rote Ampel missachtet und ist mit einer ganz anderen Geschwindigkeit gerast. Der Ku`damm ist auch zu dieser späten Stunde noch belebt, so dass nicht nur die tatsächliche Tatfolge eintreten konnte, sondern auch andere Szenarien durchaus nicht unwahrscheinlich waren, beispielsweise kreuzende Fußgänger, die nicht mit derartig hohen Geschwindigkeiten rechnen konnten. Unter diesen Umständen darf man selbst von nicht ausgereiften oder nur bedingt reflektierenden Persönlichkeiten annehmen, dass sie die möglichen Folgen ihres Tuns erkannt und billigend in Kauf genommen haben. Für die Fahrlässigkeit wäre es hingegen erforderlich, dass der Raser auf den Nichteintritt der Folgen hätte vertrauen können.

Deshalb meine volle Unterstützung für die Bremer Entscheidung, keinesfalls aber hat sie Präzedenzwirkung. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat das Richtige getan. Es ist ihr Erfolg zu wünschen.

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